Auf der Suche nach der perfekten Welle

Am Wochenende machten elf Teilnehmer aus ganz Deutschland einen Wellenreit-Schnupperkurs auf Sylt. Reportage, erschienen in den Zeitungen des sh:z am 11. Juni 2007.

Die Spitze des Surfboards hebt sich über die Welle, er versucht mit angespanntem Körper im hüfttiefen Wasser das Gleichgewicht zu halten. Doch noch ist das Wellenreiten für  Markus Göring mehr Kampf mit dem Wasser als Entspannung und Geschwindigkeitsrausch. Aber Markus gibt den riesigen Wellenbergen nicht nach, springt immer wieder aufs Brett, paddelt mit den Armen, stets mit der Boardspitze gen Welle - unter ihm der weiße Schaum, über ihm der blaue Himmel - und er freut sich über kleine Erfolgserlebnisse wie etwa einmal kurz auf dem Brett knien zu können. Er freut sich darüber, dass sein Brett durch die Fangleine an seinem Fuß so schnell nicht in den Weiten des Meeres verschwinden kann. Und darüber, dass er ab und zu bereits eine gute Welle erwischt.

Eigentlich studiert der 21-jährige Markus Kulturgeographie und Wirtschaftswissenschaft in Erlangen - weit vom geliebten Meer entfernt. Am Wochenende war er aber einer der elf Teilnehmer aus Flensburg, Hamburg und sogar Erlangen, die es  wissen wollten und einen Wellenreit-Schnupperkurs des Flensburger Hochschulsports  in Rantum auf der Insel Sylt  belegten.

Ulf Häsemann, erfahrener Trainer, erklärte die Theorie: dass die Spitze des Boards *nose" und das Ende des Bretts *tail" heiße; und das es später darauf ankomme, auch im Stehen das Gleichgewicht auf dem Brett zu halten  und einen Blick für die perfekte Welle zu entwickeln. *Das Brett ist Euer Spielzeug, Euer Weggefährte fürs Wochenende", sagte er und jagte seine Schützlinge dann hinaus in die nur 600 Meter entfernte brandende Nordsee, um die perfekte Welle zu suchen. Danach war selbst das Nächtigen im Schullandheim in Mehrbettzimmern mit Etagenbetten - wie damals auf Klassenfahrten - ein Vergnügen.

*Ich wollte die Surfkultur kennen lernen, die Menschen, deren Liebe zum Wasser, ihre Art, sich zu bewegen, sich zu kleiden, das war schon immer mein Traum", sagt Markus. Ihn fasziniert die Naturnähe, die Ursprünglichkeit. Die völlig neue Erfahrung, den ganzen Tag im Wasser zu sein, mit den Wellen zu kämpfen, sich geradezu schwerelos auf dem Brett gleiten zu lassen. Eins zu sein mit dem Board und mit der Natur.
*Mein größtes Erlebnis war, dass ich am ersten Abend schon die gebrochenen Wellen, die Schaumwalzen, nehmen konnte, auf den Knien gesurft bin und später sogar kurz gestanden habe", sagt Markus später bei der Rückfahrt aufs Festland.

Beim Stehen auf dem Mini-Malibu-Board, einem gut sieben Fuß langen Brett für Anfänger mit ein bis zwei Finnen zum Lenken, geht er in die Knie und balanciert sich mit den Armen aus - unter ihm blau-grünes Wasser, durchbrochen von weißer Gischt. In der Ferne der Sandstrand. Immer auf der Suche nach der perfekten Welle. *Glücksspiel", nennt das Studienrat Otto Oldenburg, Leiter der Abteilungen Wasser- und Schneesport im Uni-Sportzentrum Flensburg. *Die ungebrochenen Wellen anzutauchen, dass macht Wellenreiten aus", sagt  Surflehrer Ulf.

Am Ende des Kurses hat Markus zwar Muskelkater in Armen und Schultern, aber seine Augen leuchten, wenn er sagt, dass er sich das Reiten auf den Wellen noch viel schwerer und die Wasserbedingungen schlechter vorgestellt habe. *Ich finde es toll, dass man trotz der Anfangsschwierigkeiten Erfolge hat - etwa das kurze Stehen auf dem Brett", sagt Markus. Nach solchen Erlebnissen sei auch das Abstürzen nicht so frustrierend.

Dass er das Wellenreiten, das den ganzen Körper trainiert und Glücksgefühle auslöst, weiter ausbauen will, ist für ihn klar: *Ich plane bereits eine Reise nach Französisch-Guyana. *Und wenn der Sport weiterhin so viel Spaß macht und ich einen sicheren Blick für die perfekte Welle entwickle, kaufe ich mir Surfboard und Neoprenanzug", verspricht Markus.

Zurück