Auf der Suche nach der perfekten Welle
Die Spitze des Surfboards hebt sich über die Welle, er versucht mit
angespanntem Körper im hüfttiefen Wasser das Gleichgewicht zu halten.
Doch noch ist das Wellenreiten für Markus Göring mehr Kampf mit dem
Wasser als Entspannung und Geschwindigkeitsrausch. Aber Markus gibt den
riesigen Wellenbergen nicht nach, springt immer wieder aufs Brett,
paddelt mit den Armen, stets mit der Boardspitze gen Welle - unter ihm
der weiße Schaum, über ihm der blaue Himmel - und er freut sich über
kleine Erfolgserlebnisse wie etwa einmal kurz auf dem Brett knien zu
können. Er freut sich darüber, dass sein Brett durch die Fangleine an
seinem Fuß so schnell nicht in den Weiten des Meeres verschwinden kann.
Und darüber, dass er ab und zu bereits eine gute Welle erwischt.
Eigentlich
studiert der 21-jährige Markus Kulturgeographie und
Wirtschaftswissenschaft in Erlangen - weit vom geliebten Meer entfernt.
Am Wochenende war er aber einer der elf Teilnehmer aus Flensburg,
Hamburg und sogar Erlangen, die es wissen wollten und einen
Wellenreit-Schnupperkurs des Flensburger Hochschulsports in Rantum auf
der Insel Sylt belegten.
Ulf Häsemann, erfahrener Trainer,
erklärte die Theorie: dass die Spitze des Boards *nose" und das Ende
des Bretts *tail" heiße; und das es später darauf ankomme, auch im
Stehen das Gleichgewicht auf dem Brett zu halten und einen Blick für
die perfekte Welle zu entwickeln. *Das Brett ist Euer Spielzeug, Euer
Weggefährte fürs Wochenende", sagte er und jagte seine Schützlinge dann
hinaus in die nur 600 Meter entfernte brandende Nordsee, um die
perfekte Welle zu suchen. Danach war selbst das Nächtigen im
Schullandheim in Mehrbettzimmern mit Etagenbetten - wie damals auf
Klassenfahrten - ein Vergnügen.
*Ich wollte die Surfkultur
kennen lernen, die Menschen, deren Liebe zum Wasser, ihre Art, sich zu
bewegen, sich zu kleiden, das war schon immer mein Traum", sagt Markus.
Ihn fasziniert die Naturnähe, die Ursprünglichkeit. Die völlig neue
Erfahrung, den ganzen Tag im Wasser zu sein, mit den Wellen zu kämpfen,
sich geradezu schwerelos auf dem Brett gleiten zu lassen. Eins zu sein
mit dem Board und mit der Natur.
*Mein größtes Erlebnis war, dass
ich am ersten Abend schon die gebrochenen Wellen, die Schaumwalzen,
nehmen konnte, auf den Knien gesurft bin und später sogar kurz
gestanden habe", sagt Markus später bei der Rückfahrt aufs Festland.
Beim
Stehen auf dem Mini-Malibu-Board, einem gut sieben Fuß langen Brett für
Anfänger mit ein bis zwei Finnen zum Lenken, geht er in die Knie und
balanciert sich mit den Armen aus - unter ihm blau-grünes Wasser,
durchbrochen von weißer Gischt. In der Ferne der Sandstrand. Immer auf
der Suche nach der perfekten Welle. *Glücksspiel", nennt das Studienrat
Otto Oldenburg, Leiter der Abteilungen Wasser- und Schneesport im
Uni-Sportzentrum Flensburg. *Die ungebrochenen Wellen anzutauchen, dass
macht Wellenreiten aus", sagt Surflehrer Ulf.
Am Ende des
Kurses hat Markus zwar Muskelkater in Armen und Schultern, aber seine
Augen leuchten, wenn er sagt, dass er sich das Reiten auf den Wellen
noch viel schwerer und die Wasserbedingungen schlechter vorgestellt
habe. *Ich finde es toll, dass man trotz der Anfangsschwierigkeiten
Erfolge hat - etwa das kurze Stehen auf dem Brett", sagt Markus. Nach
solchen Erlebnissen sei auch das Abstürzen nicht so frustrierend.
Dass
er das Wellenreiten, das den ganzen Körper trainiert und Glücksgefühle
auslöst, weiter ausbauen will, ist für ihn klar: *Ich plane bereits
eine Reise nach Französisch-Guyana. *Und wenn der Sport weiterhin so
viel Spaß macht und ich einen sicheren Blick für die perfekte Welle
entwickle, kaufe ich mir Surfboard und Neoprenanzug", verspricht Markus.
